Genaues Hinsehen gefragt: Im WEG-Recht hat die Reform von 2020 einiges geändert, manches funktioniert jetzt nicht mehr so, wie man auf den ersten Blick glauben könnte.
Ein Wasserschaden ist ärgerlich genug – gut, wenn wenigstens die Versicherung rasch zahlt. Doch im Wohnungseigentum leistet die Gebäudeversicherung an die Gemeinschaft. Was, wenn der Verwalter das Geld nicht gleich weiterleitet? Kann man ihn dann auf Schadensersatz verklagen? Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt ein wichtiges Urteil gesprochen.
Karlsruhe. Verschleppt der WEG-Verwalter die Weiterleitung einer Versicherungsleistung an einen Wohnungseigentümer, kann dieser seine Schadensersatzansprüche nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) einfordern. Den Verwalter selbst zu verklagen, führt dagegen seit der WEG-Reform von 2020 ins Leere. Der Verwaltervertrag zwischen der GdWE und dem Verwalter entfaltet nämlich keine Schutzwirkung zugunsten dritter, weil es eines solchen Schutzes nicht bedarf. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klargestellt (Urteil vom 05.07.2024, Az.: V ZR 34/24).
Der konkrete Fall drehte sich um eine Eigentümergemeinschaft in Sachsen, die von einem Wasserschaden heimgesucht worden war. Dabei war neben dem Gemeinschaftseigentum auch das Sondereigentum eines im Haus lebenden Rechtsanwalts beschädigt worden. Die Gebäudeversicherung der Gemeinschaft regulierte den Schaden durch eine Zahlung an die Gemeinschaft. Der Rechtsanwalt forderte die Verwalterin auf, den für sein Sondereigentum geflossenen Anteil der Versicherungsleistung an ihn weiterzuleiten. Dem kam die Verwalterin allerdings nicht nach.
Als die gesetzte Frist verstrichen war, wiederholte der Eigentümer seine Forderung an die Verwalterin, verbunden mit dem Hinweis, sich anwaltlich selbst zu vertreten. Daraufhin leistete die Verwalterin die Zahlung. Im Nachgang verklagte der Anwalt die Verwalterin auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Prozesszinsen. Damit scheiterte der Advokat jedoch in allen Instanzen – vor dem Amtsgericht Chemnitz, vor dem Landgericht Dresden und schließlich auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Der Anwalt kann die Verwalterin nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, entschieden die Bundesrichter.
Verwalter macht Fehler – Gemeinschaft ist zu verklagen
Begründung: Seit der WEG-Reform ist ausschließlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Verwaltung verantwortlich. Dazu bedient sie sich eines Verwalters, den sie zu diesem Zweck unter Vertrag nimmt. Bedeutet: Es besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der GdWE und dem Verwalter. Zwischen dem Wohnungseigentümer und der Verwalterin bestand in diesem Fall also gar kein Schuldverhältnis. Daher konnte der Anwalt auch keine Ansprüche wegen der verzögerten Zahlung gegen die Verwalterin geltend machen – er hätte sich hier an die GdWE halten müssen.
Außerdem stellte der BGH fest, dass es sich beim Verwaltervertrag zwischen GdWE und Verwalter grundsätzlich nicht um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handelt. Die einzelnen Wohnungseigentümer haben nämlich kein Schutzbedürfnis gegenüber dem Verwalter, da sie bereits durch ihr Verhältnis zur GdWE bestens geschützt sind. Wenn die GdWE nämlich schuldhaft ihre Verwaltungspflichten verletzt, entsteht den einzelnen Wohnungseigentümern automatisch ein Schadensersatzanspruch gegenüber der GdWE. Die kann dann wiederum ihren Verwalter in Regress nehmen, wenn dieser den Schaden verursacht hat.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nach seiner Veröffentlichung nicht mehr aktualisiert wird. Das Veröffentlichungsdatum ist über der Überschrift angegeben.