Mietanpassung: Wann darf Mietspiegel aus Nachbarort aushelfen?

Vermieter können eine Mietanpassung mit dem Mietspiegel begründen. Doch was, wenn es in der fraglichen Kommune keinen Mietspiegel gibt? Kann man dann den Mietspiegel aus dem Nachbarort heranziehen? Die Rechtsprechung sagt: Grundsätzlich ja, das geht aber nur, wenn die Orte auch einigermaßen vergleichbar sind. Der Bundesgerichtshof hat dafür jetzt einige Kriterien aufgestellt.

Vermieter können eine Mietanpassung mit dem Mietspiegel begründen. Doch was, wenn es in der fraglichen Kommune keinen Mietspiegel gibt? Kann man dann den Mietspiegel aus dem Nachbarort heranziehen? Die Rechtsprechung sagt: Grundsätzlich ja, das geht aber nur, wenn die Orte auch einigermaßen vergleichbar sind. Der Bundesgerichtshof hat dafür jetzt einige Kriterien aufgestellt.

Karlsruhe. Vermieter können eine Mieterhöhung nur dann mit dem Mietspiegel einer Nachbargemeinde begründen, wenn die beiden Orte in vielerlei Hinsicht vergleichbar sind. Dabei sind neben der Einwohnerzahl der Kommunen auch deren Infrastruktur sowie wirtschaftliche und kulturelle Angebote zu berücksichtigen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil dargelegt, das am Montag (7. Oktober 2019) veröffentlicht wurde (Urteil vom 21.08.2019, Az.: VIII ZR 255/18).

Der Prozess drehte sich um eine Mieterhöhung in der mittelfränkischen Stadt Stein. Die Kommune im Landkreis Fürth zählt rund 14.000 Einwohner. Seit dem Jahr 2004 hat eine Mieterin dort ein großes Anwesen gemietet und 3.000 Euro Kaltmiete dafür entrichtet. Zehn Jahre später – also im Jahr 2014 – bat der Vermieter die Mieterin um ihre Zustimmung zu einer Mietanpassung auf 3.450 Euro. Da es für die Stadt Stein keinen Mietspiegel gab, begründete der vermietende Eigentümer sein Anliegen mit dem Mietspiegel der benachbarten Stadt Fürth.

BGH stellt Kriterien für Vergleichbarkeit von Ortschaften auf

Die Mieterin wollte auf dieser Grundlage nicht zustimmen. So ging die Sache vor Gericht. Die große Frage dabei: War der Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth eine geeignete Begründung für die Mieterhöhung? Am Ende musste der Bundesgerichtshof (BGH) darüber befinden. Die Bundesrichter kamen zu dem Schluss, dass der Mietspiegel des Nachbarorts in diesem Fall keine geeignete Begründung für eine Mietanpassung liefere. Die Orte seien nicht hinreichend vergleichbar. Die Revision des Eigentümers wurde abgewiesen.

Zur Begründung sagte der BGH, es müsse hier im Einzelfall unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände geprüft werden, ob die Gemeinden hinreichend vergleichbar seien. Dabei stimmten die Richter in Karlsruhe in diesem Fall allerdings dem Landgericht zu, dass bei Fürth und Stein keine ausreichende Vergleichbarkeit gegeben sei. Mit rund 125.000 Einwohnern sei Fürth erheblich größer. Fürth sei ein Oberzentrum mit zentralen Einrichtungen der Grundversorgung. Bei Stein handele es sich um keinen zentralen Ort.

Kein Mietspiegel: Für Private Kleinvermieter besonders kritisch

In Stein gebe es keine Einrichtungen mit überörtlicher Bedeutung wie etwa ein Krankenhaus, Kino oder Theater. Nicht zuletzt habe Fürth direkten Anschluss mit S- und U-Bahn an die Großstadt Nürnberg. Angesichts dessen bestehen nach Ansicht der Richter in Fürth ganz andere Voraussetzungen für die Vermietung als es in Stein der Fall ist. Damit stellte der BGH nun immerhin Kriterien auf, nach denen eingeschätzt werden kann, ob der Mietspiegel einer Nachbargemeinde ein tragfähiges Argument für eine Mieterhöhung sein kann oder nicht.

Kommunen sind nicht dazu verpflichtet, Mietspiegel zu erstellen. Insofern ist es durchaus nicht selten, dass Eigentümer ihre Mietanpassung ohne einen lokalen Mietspiegel durchsetzen müssen. Alternative Begründungsmöglichkeiten sind Sachverständigengutachten, der Verweis auf drei Vergleichswohnungen oder eine Mietendatenbank. Für private Kleinvermieter sind all diese Möglichkeiten oft in der Praxis nicht nutzbar – etwa, weil sie zu wenige Wohnungen besitzen, um drei Vergleichsobjekte benennen zu können. Eine Beratung durch den örtlichen Verein von Haus & Grund kann hier eine wertvolle Hilfe sein.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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